Montag, den 29. Januar 1923
Psalm 131,2
Römer 7 zeigt uns den Kampf, den die erneuerte Seele durchmachen muß, wenn sie vom Vertrauen auf sich selbst gelöst wird, indem sie zur schmerzlichen Erkenntnis ihrer Sündhaftigkeit und ihrer völligen Unfähigkeit zu allem Guten gelangt. O das ist eine Enttäuschung, eine Entwöhnung! Aber wozu soll sie dienen? Dazu, daß sie nun tatsächlich alle Kraft, alle Wohlannehmlichkeit in Christo finden möchte! In Ihm soll sie nun voll und ganz ihre neue Stellung einnehmen, ihre Ruhe finden. Ist das nicht etwas unendlich Höheres, Herrlicheres als alle doch nur scheinbare eigene Gerechtigkeit und Tugend? Daß dieser Umschwung einen großen Gewinn bedeutet, wird niemand, der die Bibel und sich selbst kennt, bezweifeln. Wer aber könnte ihn durchmachen ohne schwere Kämpfe und Schmerzen? Es handelt sich eben um ein Entsagen - um ein Absterben - nicht nur der Sünde, sondern auch dem eigenen Ich, den ererbten Anschauungen und Gewohnheiten - nicht zum wenigsten den althergebrachten religiösen Formen, Anschauungen und Gewohnheiten! Das geht nicht ohne tiefe Schmerzen und Kämpfe ab; aber sie führen zu einer wunderbaren Befreiung, zu einer Höhe geistlicher Segnung und persönlicher Gemeinschaft mit unserem Herrn, von der wir vorher kaum etwas ahnten!
Ja, diese Entwöhnung muß sein - früher oder später, wenn wir nicht in der Unmündigkeit und Unreife stecken bleiben - wenn wir Christum, unseren herrlichen Herrn, besser erkennen und an Ihm, mit Ihm teilhaben wollen! Ein Paulus hat all seine eigene Gerechtigkeit, all seine religiösen Vorzüge und Vorrechte für Dreck geachtet, weil der erhöhte Christus ihm so kostbar war: Ihn wollte er mit glaubendem Herzen ganz gewinnen, ganz erreichen. In Ihm fand er bei allen Leiden und Entbehrungen überströmende Freude und Glückseligkeit! [Lies Phil. 3,1-16; 4,4-9.]