Dienstag, den 27. Juni 1916
3. Mose 13,38-44
Es gibt Christen, welche zu einer allzu ängstlichen Überwachung Anderer neigen und – um mit dem Bilde zu reden – jeden „Flecken“ gleich für „Aussatz“ halten, überall Böses und Verkehrtes zu sehen glauben. Dies ist eine gefährliche Neigung, durch welche man Anderen schweres Unrecht zufügen kann und auf jeden Fall der eigenen Seele sehr schadet, denn sie befördert Hochmut und Selbsttäuschung im eigenen Herzen. Solche Gläubige sind kein Segen inmitten ihrer Geschwister; sie zeigen sich weder „Gott wohlgefällig“ noch „den Menschen bewährt“. (Röm. 14,8.) Sie haben sich vom Herrn noch keinen priesterlichen Sinn, geschweige denn priesterliche Einsicht und Weisheit schenken lassen. Wahrscheinlich werden sie auf schmerzlichem und demütigendem Wege von ihrem Hochmut und ihrer Tadelsucht überführt und freigemacht werden müssen. – Vers 40-44: Ein kahles Haupt ist kein Aussatz; aber der Aussatz kann sich da zeigen. So gibt es Hunderte von Dingen im Wandel und Leben eines Kindes Gottes, die an sich durchaus nicht Sünde sind, die aber sehr leicht, wenn man nicht wacht, der Boden werden können, auf welchem sich Sünde entwickelt! Auf jedem Gebiet des inneren und äußeren, des öffentlichen, des Geschäfts- und des Familienlebens können Versuchungen zur Sünde liegen. Daher ruft uns die Heilige Schrift zu: „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens. … Glückselig der Mensch, der sich beständig fürchtet; wer aber sein Herz verhärtet, wird ins Unglück fallen.“ (Spr. 4,23; 28,14.)