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29. Josef stellt seinen Brüdern eine Falle: Er schmuggelt seinen Becher in Benjamins Sack und bezichtigt ihn des Diebstahls (1. Mose 44,1-16)
1. MOSE 44,14-16
14 Und Juda ging mit seinen Brüdern in Josephs Haus, denn er war noch daselbst; und sie fielen vor ihm nieder auf die Erde. 15 Joseph aber sprach zu ihnen: Wie habt ihr das tun dürfen? Wißt ihr nicht, daß ein solcher Mann, wie ich, erraten könne? 16 Juda sprach: Was sollen wir sagen meinem Herrn, oder wie sollen wir reden, und womit können wir uns rechtfertigen? Gott hat die Missetat deiner Knechte gefunden. Siehe da, wir und der, bei dem der Becher gefunden ist, sind meines Herrn Knechte.
PSALM 90, 7.8
7 Das macht dein Zorn, daß wir so vergehen, und dein Grimm, daß wir so plötzlich dahinmüssen. 8 Denn unsere Missetaten stellst du vor dich, unsre unerkannte Sünde ins Licht vor deinem Angesicht.
Juda, der vor vielen Jahren in besonders trauriger Weise an Joseph gehandelt hatte – indem er den Rat gab, ihn zu verkaufen –, er zeichnete sich jetzt in erfreulicher Weise aus, indem er am entschiedensten für Benjamin eintrat und die zarteste Rücksicht gegen seinen alten Vater zeigte. Er sprach zu Joseph: „Was sollen wir meinem Herrn sagen? Womit sollen wir uns rechtfertigen? Gott hat die Missetat deiner Knechte gefunden.“ Welch eine seltsame Verteidigungsrede. Juda bekannte also sich und seine Brüder schuldig, und doch wissen sie sich frei von dem Vergehen dessen, wessen sie beschuldigt werden. Es ist eine große Hauptschuld ihres Lebens, die so übermächtig auf ihr Gewissen drückt, daß sie darauf verzichten, sich wegen des geringfügigen Verdachtes des Diebstahls zu verteidigen. In allem Mißgeschick erkannten sie Gottes Richterhand, die Tag und Nacht schwer auf ihnen lag, bis sie ihre Schuld nicht länger zu verhehlen suchten, sondern sie frei bekannten. Es ging ihnen wie dem Psalmisten: „Als ich von meiner Schuld schwieg, verzehrten sich meine Gebeine; denn Tag und Nacht lastete auf mir Deine Hand. Ich bekannte Dir meine Sünde und habe meine Ungerechtigkeit nicht zugedeckt. Ich sagte: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen und Du, Du hast vergeben die Ungerechtigkeit meiner Sünde!“ [Lies Ps. 51, 1 – 5. 10; 1. Joh. 1, 5 – 10.]
Sollte jemand unter uns sein, der auch irgendeinen Fehltritt begangen hat, vielleicht schon vor vielen Jahren, und dem es bisher gelungen ist, denselben zu verbergen, dem möchte ich heute zurufen: Denke nicht, daß deine Missetat verborgen bleibt, nein, Gott wird auch deinen Fehler finden! Warte doch nicht, bis Gott ihn ans Licht bringt, sondern bekenne selbst deine Schuld. „Wer seine Missetat verbirgt, wird kein Gelingen haben, wer sie dagegen bekennt und läßt, wird Barmherzigkeit erlangen!“ [Lies Ps. 38, 1 – 9. 17. 18; 2. Sam. 24, 10.]
(Mittwoch, 4. November 1953)