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30. Juda versucht Josef dazu zu bewegen, ihn anstatt seines Bruders Benjamin zu bestrafen (1. Mose 44,17-34)
1. MOSE 44,17-34
17 Er aber sprach: Das sei ferne von mir, solches zu tun! Der Mann, bei dem der Becher gefunden ist, soll mein Knecht sein; ihr aber zieht hinauf mit Frieden zu eurem Vater. 18 Da trat Juda zu ihm und sprach: Mein Herr, laß deinen Knecht ein Wort reden vor den Ohren meines Herrn, und dein Zorn ergrimme nicht über deinen Knecht; denn du bist wie Pharao. 19 Mein Herr fragte seine Knechte und sprach: Habt ihr auch einen Vater oder Bruder? 20 Da antworteten wir: Wir haben einen Vater, der ist alt, und einen jungen Knaben, in seinem Alter geboren; und sein Bruder ist tot, und er ist allein übriggeblieben von seiner Mutter, und sein Vater hat ihn lieb. 21 Da sprachst du zu deinen Knechten: Bringet ihn herab zu mir; ich will ihm Gnade erzeigen. 22 Wir aber antworteten meinem Herrn: Der Knabe kann nicht von seinem Vater kommen; wo er von ihm käme, würde er sterben. 23 Da sprachst du zu deinen Knechten: Wo euer jüngster Bruder nicht mit euch herkommt, sollt ihr mein Angesicht nicht mehr sehen. 24 Da zogen wir hinauf zu deinem Knecht, unserm Vater, und sagten ihm meines Herrn Rede. 25 Da sprach unser Vater: Zieht wieder hin und kauft uns ein wenig Speise. 26 Wir aber sprachen: wir können nicht hinabziehen, es sei denn unser jüngster Bruder mit uns, so wollen wir hinabziehen; denn wir können des Mannes Angesicht nicht sehen, wenn unser jüngster Bruder nicht mit uns ist. 27 Da sprach dein Knecht, mein Vater, zu uns: Ihr wisset, daß mir mein Weib zwei Söhne geboren hat; 28 einer ging hinaus von mir, und man sagte: Er ist zerrissen; und ich habe ihn nicht gesehen bisher. 29 Werdet ihr diesen auch von mir nehmen und widerfährt ihm ein Unfall, so werdet ihr meine grauen Haare mit Jammer hinunter in die Grube bringen. 30 Nun, so ich heimkäme zu deinem Knecht, meinem Vater, und der Knabe wäre nicht mit uns, an des Seele seine Seele hanget, 31 so wird's geschehen, wenn er sieht, daß der Knabe nicht da ist, daß er stirbt; so würden wir, deine Knechte, die grauen Haare deines Knechtes, unsers Vaters, mit Herzeleid in die Grube bringen. 32 Denn ich, dein Knecht, bin Bürge geworden für den Knaben gegen meinen Vater und sprach: Bringe ich ihn dir nicht wieder, so will ich mein Leben lang die Schuld tragen. 33 Darum laß deinen Knecht hier bleiben an des Knaben Statt zum Knecht meines Herrn und den Knaben mit seinen Brüdern hinaufziehen. 34 Denn wie soll ich hinaufziehen zu meinem Vater, wenn der Knabe nicht mit mir ist? Ich würde den Jammer sehen müssen, der meinem Vater begegnen würde.
HIOB 5,17-19
17 Siehe, selig ist der Mensch, den Gott straft; darum weigere dich der Züchtigung des Allmächtigen nicht. 18 Denn er verletzt und verbindet; er zerschlägt und seine Hand heilt. 19 Aus sechs Trübsalen wird er dich erretten, und in der siebenten wird dich kein Übel rühren
Die Brüder wollten also lieber in der Sklaverei bleiben als ihr Bruder Benjamin verlassen. Doch Joseph willigte nicht ein, und gerade diese Not machte Juda zum Sprecher für alle. Er war es ja, der sich bei seinem Vater in besonderer Weise für Benjamin verbürgt hatte. Deshalb erklärte er nun auch Joseph, er wolle als Sklave in Ägypten bleiben, um damit Benjamin freizukaufen. [Vgl. 1. Mose 44, 30 – 32.]
Hell brach das Feuer der Liebe bei diesen Worten aus seinem Herzen hervor. Es verzehrte den Schutt der Sünde, der sich darauf gelegt hatte und entzündete alle sein Brüder. Er bewies damit, daß nun in seinem und seiner Brüder Herzen die rechte Gesinnung gegen den alten Vater und auch gegen Benjamin aufgewacht war, und daß sie so etwas Schlechtes wie damals Joseph gegenüber nie wieder tun würden. Ihre Herzen waren umgewandelt und bekehrt. Die göttliche Absicht war durch die schweren Wege, die sie geführt worden waren, erreicht! [Lies Ps. 119, 67; 5. Mose 30, 1 – 3. 8. 9; Klagel. 5, 21.]
Jetzt verstehen wir auch, weshalb Joseph seinen Bruder Benjamin in den Verdacht des Diebstahls brachte. Es war dies notwendig, um die Gedanken der Brüder richtig offenbar werden zu lassen – ob noch die alte Art voll Neid und Mißgunst, voll Undankbarkeit gegen den Vater, voll Härte und Grausamkeit gegen den Bruder in ihnen sei, oder ob sie jetzt liebevolle Menschen geworden seien. Und wirklich, sie bestanden diese letzte, starke Probe ihrer Umwandlung, und so konnte Joseph das Wort der Vergebung für sie sprechen. – Ähnlich macht es ja auch der Herr uns gegenüber. Er vergibt uns erst dann, wenn eine wirkliche Sinnesänderung vorgegangen ist, die sich in der Tat ausweist. Die Schrift ruft uns zu: „Einst wart ihr allerdings Finsternis wie jene; jetzt aber seid ihr Licht in dem Herrn. Darum lebt nun auch als Kinder des Lichts. Betragt euch so, wie es Lichteskindern zukommt!“ [Lies 2. Petr. 3, 9. 14; Röm. 2, 4. 5; Apg. 2, 37 – 41.]
(Donnerstag, 5. November 1953)