Mittwoch, den 20. Oktober 1926
Titus 3,3; [Römer 1,28-32; 3,9-20]
Was uns besonders veranlassen sollte, allen Menschen ohne Unterschied mit Liebe und Sanftmut zu begegnen, ist die Tatsache, daß wir selbst früher auch verlorene, in Schuld und Verkehrtheit gebundene, blinde Sünder waren, und vor allem, daß Gott in Seinem Erbarmen und Seiner Geduld uns so freundlich entgegengekommen ist! So sollen wir nun durch Liebe auch andere gewinnen für Jesus und fürs ewige Leben! (Lies Matth. 5,38-48; 1. Petr. 4,1-5.) - Gott hält es für sehr heilsam, daß wir zu unserer Demütigung und Bewahrung manchmal zurückblicken und bedenken, was wir waren ohne Jesus - wo die Gnade uns hergeholt hat! Dann danken wir mit neuer Herzensbewegung für die herrliche Erlösung, die uns zuteil geworden - dann hüten wir uns mit neuem Ernst vor allem, was uns an Untugenden und Fehlern im alten Leben anhaftete! Ja: „Seid eingedenk!“ damit ihr dankbar bleibt und euch ferner heiligen lasset und sanftmütig und gewinnend euren noch in der Finsternis befindlichen Nebenmenschen begegnet! - „Einst waren auch wir unverständig“ - ach, so töricht und beschränkt; der Gott dieser Welt hatte unseren Sinn verblendet, damit uns nicht entgegenstrahlen sollte der Lichtglanz des Evangeliums! Wir waren auch ganz bewußt ungehorsam! Wie oft hat unser Gewissen uns ganz klar gesagt: „Dies darfst du nicht tun! Jenes ist Sünde!“ Wir wußten Gottes heilige Gebote von Jugend auf und manchmal redete der Herr in besonderer Weise. Aber unser ungehorsamer Wille ging darüber weg und tat viel Unrechtes und Böses! Wir waren ungehorsame Kinder. - „Irregehend“; wir wußten in mancher Hinsicht wohl den rechten Weg, aber unser vom Eigenwillen betörtes Herz wollte ihn nicht gehen - zog den eigenen Weg dem vorgeschriebenen vor oder folgte solchen, die uns auf verkehrte Wege lockten. [Lies Ps. 95,10.11; Spr. 1,10; 4,14-17; Obadja 1.3.4.6.] - „Wir dienten mancherlei Lüsten und Vergnügungen.“ Eitle Gelüste, böse Begierden, Liebhabereien, mit denen wir unsere Kraft und Zeit vergeudeten - oberflächliche Vergnügungen, von denen wir öder, mißmutiger und befleckter zurückkamen, als wir gegangen waren - das füllte unser tägliches Leben aus - füllte aber auch das Maß unserer Sünden und Versäumnisse! Und wenn der eine oder andere von uns vor diesen Dingen bewahrt blieb, dann war es meist ein unleidlicher Hochmut, welcher sich besser dünkte, als alle anderen, der uns zum Greuel vor Gott machte! (Vgl. Röm. 6,12-21; Spr. 16,5.) - „Wir führten unser Leben in Bosheit und Neid!“ Manchmal unter dem Deckmantel frommer Gewohnheiten und Gebärden - im anderen Fall ganz offensichtlich, ohne uns zu schämen, ließen wir Bosheit, Lieblosigkeit, Neid und Eifersucht unser Herz regieren! Ja, „hassenswürdig, verabscheungswürdig“ waren wir wirklich, und dabei noch so eingebildet und lieblos, daß wir glaubten, ein Recht zu haben, andere zu richten, zu verachten, zu hassen! Welch eine Lieblosigkeit, welch ein Mordgeist wohnt doch in unserer alten Natur! [Lies Matth. 15,10-20.] - „Gott aber sei Dank, daß ihr … von Herzen gehorsam geworden seid! Von der Sünde frei gemacht und Gottes Sklaven geworden, habt ihr eure Frucht zur Heiligkeit, als das Ende aber ewiges Leben!“