Mittwoch, den 27. August 1919
Einleitung zum Buch Jona
Der Prophet Jona, der Sohn Amittais, den die Schrift ausdrücklich einen Knecht des Herrn nennt, gebürtig aus Gad-Hepher, nicht fern von Nazareth, lebte während oder nicht allzulange vor der Regierung Jerobeams II., von welchem er vorausgesagt hatte, daß derselbe die Grenzen Israels im Norden und im Süden wieder herstellen werde. (Lies 2. Kön. 14,25.) Seine Sendung und sein Zeugnis mag auf 820-800 v. Chr. fallen, er ist also ein Zeitgenosse des Amos (810-783), vielleicht auch schon des Joel (850 v. Chr.) gewesen. - Der Inhalt seines Buches ist eine einzigartige Selbstbiographie, niedergeschrieben als ein Zeugnis der eigenen tiefen Beschämung, wie auch der göttlichen Langmut und Gnadengröße! Jonas prophetische Bedeutung liegt also nicht in erster Linie in seinem Zeugnis an andere - obwohl seine Sendung nach Ninive eine wichtige und auch erfolgreiche war - sondern vor allem in seinen Erlebnissen, in seiner Führung! In dieser ist er zunächst ein Abbild des eigenwilligen, ungehorsamen, den Heiden gegenüber hochmütigen Israel; er gönnt den Niniviten nicht die Möglichkeit der Buße und Bekehrung zu Gott, so wie die Juden zur Zeit des Apostels Paulus diese den Heiden nicht gönnten (1. Thess. 2,14-16), obwohl sie selbst auch keinen Gebrauch von der göttlichen Gnade machten! - In seinem dreitägigen Verschwinden im Meer - im Bauche des Fisches - und seinem darauffolgenden Wiedererstehen durfte dieser Prophet, so schwach auch sein inneres Leben war, ein Hinweis und Vorbild auf Christum, den Messias Israels und Heiland der Welt sein, welcher in Tod und Grab sank, aber am dritten Tage wieder auferstand. Und nun wird den Heiden die Botschaft von Buße und Gnade gebracht und wirkt Heil unter ihnen! (Jona 3; vergl. Matth. 12,38-42; Luk. 11,29-32.) - Daß Jona selbst sein Leben voll Eigenwillen, Ungehorsam und Verkehrtheit - aber mit dem starken Einschlag von göttlicher Geduld und Barmherzigkeit - auf Gottes Geheiß niederschrieb, damit es anderen zur Lehre und Warnung diene, ist uns ein Beweis, daß es in Jonas späterem Leben zu einer gründlichen Wendung kam. Nur ein wirklich gedemütigtes, gehorsam gewordenes und in Gottes vergebender Gnade ruhendes Herz ist imstande, so offen seine früheren Verkehrtheiten zu bekennen und einzig und allein die Barmherzigkeit Gottes zu rühmen! Die Geschichte Jonas läßt uns also tiefe Blicke tun in das menschliche Herz, in sein natürliches, schwer zu überwindendes Widerstreben gegen den Willen Gottes, aber auch in Gottes Herz voll Langmut, Weisheit und zurechtbringender Gnade, die schließlich den Sieg davonträgt!
Jona 1,1.2 Gott beauftragt den in Israel wohnenden Propheten, gen Nordosten zu reisen nach der großen assyrischen Weltstadt Ninive,*) um wider sie zu predigen, weil die Kunde von ihrer Sünde und Verderbtheit bis zu Gott hinaufgestiegen ist. Gottes Langmut gegenüber der sündigen Welt und Menschheit ist groß; aber es kommt der Augenblick, wo die Anhäufung ihrer Ungerechtigkeiten bis zum Himmel reicht und das göttliche Strafgericht über sie hereinbricht - im Laufe der Zeit über die einzelnen Menschen, Familien, Städte, Länder, Völker - schließlich einmal über die ganze Welt! (Vgl. Offenb. 18,4-10; Röm. 1,18; 2,1-6.) - Wir Kinder Gottes sind auch in unserer Zeit berufen und beauftragt von Gott, wider die böse, Ihm feindliche Welt zu zeugen. Unser täglicher Wandel soll und kann eine eindrucksvolle Predigt sein von der Heiligkeit und von der Liebe Gottes, vom kommenden Gericht und von der gegenwärtigen errettenden Gnade in Jesus! Wir sollen die Sünden der Gottlosen strafen und bloßstellen durch unser heiliges und gerechtes Verhalten. (Lies Matth. 5,14-16; Eph. 5,1-16; Phil. 2,14-16.) Wahrlich, ein erhabener Auftrag von Gott! Wie habe ich denselben heute erfüllt?