Sonntag, den 19. Januar 1919
Amos 7,14.15
Furchtlos antwortet Amos dem Oberpriester, daß er das Amt eines Propheten durchaus nicht berufsmäßig ergriffen oder sich von Jugend auf in einer Prophetenschule darauf vorbereitet habe,*) sondern daß der Herr ihn aus seinem schlichten Hirtenberuf heraus in den Dienst des Wortes gerufen habe. Herrlich ist es, wenn man sich eines so klaren Rufes Gottes in Seinen Dienst bewußt ist! Köstlich aber ist auch die schlichte Demut des Propheten, welcher sich durchaus nicht schämt, seinen früheren einfachen Beruf und Stand zu nennen; er wollte durchaus nichts „Höheres“ vorstellen, als er war. Nicht nur Weltmenschen, auch manche Kinder Gottes noch haben dieses törichte Bestreben, obwohl die Bibel uns zuruft: „Sinnet nicht auf hohe Dinge, sondern haltet euch zu den Niedrigen!“ (Röm. 12,16.) Mancher frühere Schuster, der jetzt „Reichsgottesarbeiter“ ist, sucht es ängstlich zu verbergen, daß er vorher „nur“ ein Schuster war. Und doch könnte er vielleicht manchen seiner Hörer besser dienen, wenn er sie ruhig merken ließe, daß er selbst etwas von den Schwierigkeiten und Nöten des Berufslebens kennen gelernt hat! - Wir vernehmen aus den Worten des Propheten nicht nur die Gewißheit, seinen Auftrag von Gott Selbst empfangen zu haben, sondern auch die feste Entschlossenheit, sich durch nichts von diesem Auftrag abbringen zu lassen. Das ist vorbildlich für alle, die von Gott berufen sind, den Menschen Sein Wort zu bringen!