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a) Der nächste Verwandte soll den verkauften Erbbesitz eines Armen auslösen (3. Mose 25,25)
3. MOSE 25,25.35
25 Wenn dein Bruder verarmt, und verkauft dir seine Habe, und sein nächster Verwandter kommt zu ihm, daß er's löse, so soll er's lösen, was sein Bruder verkauft hat. ... 35 Wenn dein Bruder verarmt und neben dir abnimmt, so sollst du ihn aufnehmen als einen Fremdling oder Gast, daß er lebe neben dir
Es gibt bei Kindern Gottes auch ein inneres, geistliches Verarmen – manchmal selbstverschuldet, indem die Betreffenden sich nicht nahe genug zu ihrem reichen Gott gehalten, nicht glaubensvoll aus Seiner unergründlichen Gnadenfülle geschöpft oder gar durch bewußten Ungehorsam ihre Seele geschädigt haben – häufig auch unverschuldet durch Mangel an geistlicher Unterweisung und Speise, durch schwierige äußere Verhältnisse oder besonders auferlegte Prüfungen und Leiden. Da sollen wir nicht lange fragen: „Wer ist mein Nächster?“ oder: „Selbstverschuldet oder nicht?“ sondern sollen – erfüllt von der barmherzigen und mitfühlenden Liebe unseres Herrn – unserem „verarmten“ oder „wankend gewordenen“ Mitgläubigen zu Hilfe kommen! Wir sollen suchen, ihn zu erquicken mit der Gnade, die uns selbst erquickt hat, ihn zu trösten mit dem Trost, mit welchem wir selbst getröstet worden sind, ihm zurechtzuhelfen aus dem Worte Gottes, das uns selbst zurechtgebracht hat! (Lies Eph. 4,23; 1. Petr. 3,8.)
Wie wenig wird doch im allgemeinen dieser geschwisterliche Liebesdienst untereinander geübt! Wie mangelt es häufig bei den Kindern Gottes – sowohl an dem herzlichen Verstehen und Mitgefühl füreinander als auch an dem Bewußtsein der Verantwortung für das innere Wohl des anderen! Und doch sind wir „Glieder voneinander“! Ach, daß doch nie die Kainsfrage unser Verhalten bezeichnen möchte: „Soll ich meines Bruders (meiner Schwester) Hüter sein?“ Ja, das sollen und dürfen wir, und wo das im rechten Sinne, im Sinne unseres liebenden Herrn und Heilandes verstanden und geübt wird, des Bruders, der Schwester Hüter zu sein, da steht es wohl unter dem Volke Gottes! Da wird der inneren „Verarmung“ gewehrt, da waltet der Geist der Liebe und der Heiligkeit – da weist man die Unordentlichen zurecht, da tröstet man die Kleinmütigen, da nimmt man sich der Schwachen an, da ist man langmütig gegen alle! Da stärkt man die müden Hände und richtet auf die gelähmten Knie; da sieht man zu, daß doch niemand an der Gnade Gottes Mangel leide, daß keine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse; da wird das Lahme nicht vom Wege abgewandt, sondern vielmehr geheilt! (1. Thess. 5,14; Hebr. 12,12-17.)
Geht solche Gesinnung, solche Liebe, solcher Dienst von dir aus in dem Kreis von Gläubigen, in dem du stehst?
(Donnerstag, 5. September 1918)