Sonntag, den 28. Februar 1915
Psalm 79,12.13
Die Rachegebete (vergl. auch Vers 6) kann ein Christ nicht beten - aber sie entsprechen dem Zustande des gläubigen Überrestes in der Drangsalszeit. Wir hören hier das Flehen derer, welche das Erscheinen des gerechten Richters auf Erden seufzend erwarten, jene Stunde, von welcher der HERR deutlich redet (vergl. Matth. 24,29-31 und anschließend Matth. 25,31-46). Die gläubigen Christen bitten nicht: „Gib unseren Nachbarn ihren Hohn siebenfach in ihren Busen zurück,“ sondern sie wünschen, ihren gnadenreichen und wunderbaren HERRN auch ihren Feinden zu bezeugen, damit dieselben errettet werden. Ganz anders hier in diesem prophetischen Gemälde. Die Gläubigen Israels, geläutert und bewährt in den Tiefen der Drangsal, wissen, daß das gerechte Gericht Gottes kommen wird und muß, ehe der HERR Sein messianisches Reich zu Jerusalem aufrichten kann. Nach diesem schauen sie aus, das ist das Ziel ihrer Hoffnung. Unsere Hoffnung aber ist der wiederkehrende HERR, welcher die Seinigen von dieser Erde wegnehmen, mit Herrlichkeit überkleiden und ins Vaterhaus einführen wird, ehe die große Drangsal hereinbricht über den ganzen Erdkreis und im besonderen über Israel (vergl. Phil. 3,20.21 und Offenb. 3,10.11). Ein Israelit glaubte sich erst dann befähigt, das Lob Jehovas im Angesicht der Feinde zu verkünden, wenn der Triumph des HERRN offenbar geworden sein würde. Dann müssen ja alle Feinde erkennen, daß Israel die Herde Seiner Weide ist. Die gläubigen Christen aber rühmen und verherrlichen ihren HERRN in den Tiefen des Leidens, und die Feinde Jesu werden davon überführt, daß diese kleine Herde unüberwindlich ist. Sie wird hier in Niedrigkeit und Leiden erblickt - droben dereinst im Triumphe der Herrlichkeit.