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4. Mose 22,36-23,1
36 Da Balak hörte, daß Bileam kam, zog er aus ihm entgegen in die Stadt der Moabiter, die da liegt an der Grenze des Arnon, welcher ist an der äußersten Grenze, 37 und sprach zu ihm: Habe ich nicht zu dir gesandt und dich fordern lassen? Warum bist du denn nicht zu mir gekommen? Meinst du ich könnte dich nicht ehren? 38 Bileam antwortete ihm: Siehe, ich bin gekommen zu dir; aber wie kann ich etwas anderes reden, als was mir Gott in den Mund gibt? Das muß ich reden. 39 Also zog Bileam mit Balak, und sie kamen in die Gassenstadt. 40 Und Balak opferte Rinder und Schafe und sandte davon an Bileam und an die Fürsten, die bei ihm waren. 41 Und des Morgens nahm Balak den Bileam und führte ihn hin auf die Höhe Baals, daß er von da sehen konnte das Ende des Volks. KAPITEL 23 1 Und Bileam sprach zu Balak: Baue mir hier sieben Altäre und schaffe mir her sieben Farren und sieben Widder.
Psalm 7,9-13
9 Der HERR ist Richter über die Völker. Richte mich, HERR, nach deiner Gerechtigkeit und Frömmigkeit! 10 Laß der Gottlosen Bosheit ein Ende werden und fördere die Gerechten; denn du prüfst Herzen und Nieren. 11 Mein Schild ist bei Gott, der den frommen Herzen hilft. 12 Gott ist ein rechter Richter und ein Gott, der täglich droht. 13 Will man sich nicht bekehren, so hat er sein Schwert gewetzt und seinen Bogen gespannt und zielt
König Balak empfängt den berühmten Wahrsager mit großen Ehren; bis an die Grenze seines Reiches kommt er ihm entgegen. Doch kann er nicht umhin, ihm einen Vorwurf darüber zu machen, daß es erst so vieler Bemühungen bedurft hatte, ihn zum Kommen zu bewegen! „Vermag ich nicht, dich zu ehren?“ Welch ein Selbstbewußtsein spricht aus dieser Frage. Wahrlich, hier waren zwei Ehrsüchtige zusammengetroffen! (Vgl. Luk. 4,5.6.)
Bileams Antwort verrät eine gewisse Befangenheit. Noch zu stark steht er unter den Eindrücken der Begegnung mit dem „Engel Jehovas“ und seiner Warnungen! „Siehe, ich bin ja zu dir gekommen. Aber vermag ich wohl irgend etwas zu reden außer dem, was Gott mir in den Mund legt? Das werde ich reden!“ Mit dieser Antwort sucht er von vornherein die Erwartungen des Königs etwas herabzustimmen. Denn Balak folgerte aus seinem Kommen selbstverständlich seine völlige Bereitwilligkeit, dem Volke Israel zu fluchen! - Ach, wie viele Windungen und Wendungen in Gebaren und Reden muß doch ein Mensch machen, der nicht gerade und wahrhaftig seinen Weg mit Gott geht! „Vielgewunden ist der Weg des schuldbeladenen Mannes; der Lautere aber, sein Tun ist gerade!“ (Lies Pred. 7,29.)
So zieht Bileam denn mit dem Könige nach Kirjath-Chuzot. Hier opfert Balak am Vorabend des großen Tages, an welchem Bileam seine Bann- und Zaubermacht entfalten sollte, Rind- und Kleinvieh und bereitet ihm und den Fürsten zum Empfang ein Opfermahl; er will den weithergekommenen Wahrsager ehren. Die Opfer galten natürlich dem Gelingen des beabsichtigten Unternehmens, d. h. der Verwünschung des Volkes Israel!
Ohne Zweifel wurden dieselben nicht den moabitischen Götzen dargebracht, von welchen Balak ja keine Hilfe erwartete, sondern Jehova, welchen der König auf diese Weise seinem Volke Israel abgeneigt - sich selbst und seinem Volke geneigt machen wollte! Denn Balak bewegte sich natürlich in heidnischen Anschauungen, nach welchen die Götter wie die Menschen Launen und Stimmungen unterworfen sind, daher auch beeinflußt und umgestimmt werden können zugunsten des einen - zu Ungunsten des anderen! (Vgl. 1. Kön. 18,25-29.)
Am anderen Morgen wird Bileam vom König und all seinen Fürsten - denn ganz Moabs Geschick stand ja auf dem Spiel! - auf die „Baalshöhe“ geführt, einen altberühmten Opferplatz, von wo aus man in der Ferne einen Teil des Zeltlagers Israels erblicken konnte. Mit der feierlichen Miene und Geheimtuerei des gefürchteten Bannsprechers weist Bileam hier den König an, die Vorbereitungen zu treffen. In Eile werden auf sein Geheiß sieben Altäre nach Art der altisraelitischen Feldaltäre, wie die Patriarchen sie hatten [vgl. 1. Mos. 12,8; 13,18; 33,20], hergerichtet - sieben Farren und sieben Widder bereitgestellt.
Die alten Völker leiteten ja alle wichtigen Unternehmungen mit Opfern ein, um sich des Schutzes und Beistandes der Gottheit zu versichern. Insbesondere wurden natürlich Beschwörungen mit Opfern eingeleitet! Bileam tat also alles, was zum Gelingen des Unternehmens nach religiöser Sitte nötig war! Die Siebenzahl der Altäre erklärt sich aus der Heiligkeit dieser Zahl bei allen Völkern; auch mochte Bileam sie den israelitischen Gebräuchen abgelauscht haben! Denn selbstverständlich wurden die Opfer hier Jehova, dem Gott Israels, dargebracht, wenn uns auch in der ganzen Opferhandlung eine für Bileams religiösen Standpunkt sehr bezeichnende Mischung von israelitischen und heidnischen religiösen Vorstellungen und Gebräuchen entgegentritt!
(Sonntag 7. November 1926)