Sonnabend, den 20. Januar 1934
2. Mose 4,10-16
Trotz aller Gnade und Macht, mit welcher der Herr Seinen Knecht auszurüsten gesucht hat, hat Mose nur weitere Einwendungen. Er sagt: „Ach Herr, ich bin kein Mann der Rede, nicht seit gestern und nicht seit vorgestern, noch seitdem Du zu Deinem Knecht redest, denn ich bin schwer von Mund und schwer von Zunge!“ Hier tritt uns bei Mose der soweit verbreitete Gedanke entgegen, als ob natürliche Beredsamkeit ein Haupterfordernis oder überhaupt nur ein Erfordernis für den heiligen Dienst an den Menschen sei. Und doch, wie oft ist die menschliche Redegabe eine Verblendung, damit nicht klar bemerkt werde das Fehlen göttlicher Kraft und göttlichen Geistes im Dienste des Wortes! – Paulus war deshalb fast froh, daß ihm die Gabe glänzender Beredsamkeit abging. Im Kleide seiner schlichten Worte konnte die Macht des Geistes Gottes - die Kraft der göttlichen Liebe und Herrlichkeit sich ungehindert entfalten, so daß der Glaube seiner Zuhörer sich unmittelbar auf Gottes-Kraft aufbaute. Wieviel hat dies allen zu sagen, welche im Dienste Gottes zu reden haben! – Gottes Geduld mit Mose ist nun erschöpft. Er, der Sich ihn als Werkzeug erwählt hatte, hatte ihn ja auch gebildet, und wenn Er sich einen Mann schwerer Zunge erwählte, so war es Seine, des Allerhöchsten, Sache! – Gott weiß, was Er tut und wen Er Sich zum Werkzeug erwählt. Er gibt dem Manne schwerer Zunge das herrliche Wort mit: „Gehe hin, und Ich will mit deinem Munde sein und dich lehren, was du reden sollst!“ – Für ängstliche Herzen ist es sehr köstlich, sich hier an die Berufung des Propheten Jeremia zu erinnern, welcher ähnliche Einwendungen machte wie Mose, aber in seiner Schwachheit und Jugend doch wunderbar ausgerüstet und stark gemacht wurde vom Herrn Selbst. [Lies Jer. 1,4-12.17-19.] – Wenn Gott mit unserem Munde ist, wenn Sein Geist uns innerlich vorbereitet, uns die Schrift erschließt und uns die Worte lehrt, die wir sprechen sollen (1. Kor. 2,1-5.12-16), dann wird unser Dienst ganz gewiß von göttlicher Kraft und Wirkung begleitet sein an den Herzen, denen wir dienen. – Mose ist immer noch nicht überwunden. Sein natürlicher, unzerbrochener Mensch ruft aus: „Ach Herr, sende doch, wen du senden willst – nur mich nicht!“ – Damit wies er tatsächlich das herrliche Vorrecht ab, der alleinige Gesandte des Herrn für Israel und Ägypten zu sein, und der Zorn Gottes entbrennt wider ihn. Die Folge war, daß das Vorrecht eines so großen Auftrags dem Mose nicht allein belassen werden konnte. Sein Bruder Aaron wird ihm als Sprechen beigegeben. War das nun eine Entlastung für Mose? Wäre er nicht in hundert Fällen leichter und besser durchgekommen, wenn er allein die große Aufgabe und Verantwortung übernommen hätte, wie Gott es ursprünglich beabsichtigt hatte? – Ja, Mose hat es hernach schmerzlich erfahren müssen, wer Aaron war. Man denke nur an das goldene Kalb! [Lies 2. Mos. 32,25.35; vgl. auch 4. Mos. 12,1-3.] – Es gehört zur Erziehung aller, die in Wahrheit dem Herrn dienen wollen, daß sie lernen müssen, jedem göttlichen Auftrag ohne Widerstreben und ohne Zagen zu folgen. – Unser Urteil über die eigenen Fähigkeiten ist vielfach getrübt. Der eine schätzt sich zu hoch ein, der andere zu gering! Mose meinte: „Herr ich bin kein Mann der Rede.“ Gott sagt im Blick auf ihn schon zu dieser und vor dieser Zeit seines Lebens: „Mächtig in Wort und Tat!“ (Apgesch. 7,22) Man lese den 90. Psalm oder die Abschiedsworte de Mose an Israel: Welch gewaltige Worte! Ja, die gesamten fünf Bücher Moses geben uns Zeugnis von dem gewaltigen Geist und Charakter dieses großen Knechtes Gottes. Gott greift nicht fehl und irrt sich nicht in der Wahl seiner Werkzeuge!