BIBELLESEZETTEL von Chr. von Viebahn

(www.wol-blz.net)

Suchen nach:
Startseite -- Jahrgänge -- 1926 -- 8. September 1926
Diese BLZ Andacht: -- IM ORIGINAL -- Erweitert?

Nächster Tag

JAHRGANG 1926
September 1926

Mittwoch, den 8. September 1926


Psalm 137,1; 42,1-5 (Luther 42,2-6)

Dieses Klagelied ist eine der ergreifendsten Dichtungen im ganzen Psalter. Die nach Jerusalem zurückkehrenden Israeliten blicken noch einmal zurück auf die langen Jahre das Kummers in der babylonischen Gefangenschaft. Stets hatte in ihrem, der Getreuen, Herzen die Liebe zu Zion, der heiligen Stadt Jehovas, geglüht. Wie hätten sie sich Babel irgendwie anpassen oder gar Jerusalems vergessen können? V. 7-9: Als die Heimkehrer zum ersten Male die über alles geliebte Gottesstadt in ihren Trümmern vor sich sahen, erfaßte ihre Herzen ein heiliger Ingrimm im Gedanken an die Feinde, die sich nicht hatten genug tun können im Zertrümmern und Vernichten! - Die Babylonier freilich waren Heiden, die von der Herrlichkeit Jehovas und von dem Wert Jerusalems keine Ahnung hatten. Daß aber die Edomiter das Feuer des Hasses, die Vernichtungswut der Feinde so grausam geschürt hatten - sie, die doch dem Fleische nach „Kinder Abrahams“ waren, Israels Brudervolk - das sollte ihnen unvergessen bleiben: „Glückselig, der dir vergilt, was du uns getan hast!“ - Nicht fleischliche Rachsucht spricht aus diesen in den Psalmen so häufigen Verwünschungen. Waren es doch gerade die edelsten, von Gottes Geist erweckten Juden (Esra 1,5), die aus der Gefangenschaft zurückkehrten, während viele andere Jerusalems vergaßen und sich in Babel heimisch gemacht hatten! - Nein, es war der gerechte und heilige Zorn Gottes über die Feindschaft und Grausamkeit Edoms, der hier im Herzen und im Liede Seiner Kinder seinen Ausdruck fand. - Es kann ein Esra oder ein Nehemia sein, der das Innerste seiner Seele in diesem Psalmliede niederlegt!

Babylon ist reich an Wasser. Wir kennen die großen verzweigten Ströme Euphrat und Tigris. Es war für die verbannten Israeliten sehr natürlich, daß sie sich immer wieder an stille Flußufer zurückzogen, um im Gebet Gott zu suchen und in tiefem Schmerz an die ferne zerstörte Heimat, das verwüstete Heiligtum zu beklagen! Hören wir nicht, daß auch die Propheten der Gefangenschaft, Hesekiel und Daniel, ihre Gesichte vielfach am Wasser empfingen? (Lies Hes. 1,1; Dan. 10,4.) - Da saßen sie und weinten, indem sie an Zion gedachten. (Klagel. 2,15.16.) Wahrlich, solche Tränen sind nicht zu verachten, die um Gottes Haus, Gottes Ehre, Gottes Volk geweint werden! (Lies Jer. 13,17; Joel 2,17.) - Hat doch Jesus, unser Herr, Selbst geweint über die Stadt, die so undankbar und unbußfertig den Tag ihres Heils vorübergehen ließ - ungenützt! - Und Er sagt: „Glückselig die Trauernden, denn sie sollen getröstet werden! Glückselig, die ihr jetzt weinet, denn ihr werdet lachen!“ (Vgl. Ps. 126,5.6; Offb. 21,4.) - Kennst du, lieber Bruder, liebe Schwester, heilige Tränen, geweint um Gottes Sache - oder um kostbare Menschenseelen und ihr Heil? - Ach, sie sollten viel häufiger sein. Aber viele Kinder Gottes weinen andere Tränen, die Gott nicht gefallen - selbstsüchtige Tränen, Tränen der Ichsucht und der Empfindlichkeit - Tränen des Gekränktseins und des unzerbrochenen Eigenwillens! Hast du vielleicht heute schon solche geweint? - Ach, wie fern liegt vielen Kindern Gottes, was ihnen das Allernächste und Allerhöchste sein sollte: das Reich Gottes und dessen Anliegen! „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes!“

Jene weinenden Israeliten an Babylons Gewässern gedachten an Zion, an Gottes Heiligtum, an Gottes Werk auf Erden. Es ist sehr der Beachtung wert, daß sie, die doch vielerlei Anlaß zu Tränen hatten, da die Chaldäer (Babylonier) sie ihrer Güter, ihrer Ehren, ihrer Heimstätten, ihrer Freiheit, ihrer Eltern, Kinder und Freunde beraubt hatten, doch vor allem um das Eine trauerten: daß sie von Zion fern waren - daß Zion verwüstet war! Ja, sie waren in wirklicher Herzensgemeinschaft mit Gott, und Gott blickte mit Gnade und Wohlgefallen auf sie: „Da unterredeten sich, die den Herrn fürchteten, miteinander, und der Herr merkte auf und hörte und ein Gedenkbuch ward vor Ihm geschrieben für die, welche den Herrn fürchten und welche Seinen Namen achten!“ - Es ist kostbar, zu dieser kleinen Schar der Gottesfürchtigen zu gehören; sie werden bald erleben, was Psalm 126 so tröstlich in Aussicht stellt und was der Herr in Jer. 31,13 verspricht: „Ich will ihre Trauer in Freude verwandeln und sie trösten, und will sie erfreuen, indem Ich sie von ihrem Kummer befreie ... und Mein Volk soll sich an Meinen Gütern sättigen!“ „Ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; sie werden Wonne und Freude erlangen und Kummer und Seufzen werden entfliehen!“

www.WoL-BLZ.net

Zuletzt geändert am 24.01.2022 17:26 Uhr | powered by PmWiki (pmwiki-2.3.3)