Freitag, den 15. Dezember 1922
Sacharja 1,12; Psalm 74,1-10
Wie oft vernehmen wir in den Psalmen die bange, sehnende Frage und wie oft steigt sie in unseren eigenen Herzen auf: „Herr, wie lange noch? bis wann?“ „Ich bin müde vom Rufen; entzündet ist meine Kehle. Meine Augen schwinden hin, harrend auf meinen Gott!“ (Lies Ps. 13,1.2; 35,17.) Zu allen Zeiten hat Gottes Volk und auch der einzelne Gläubige Zeiten langen Harrens auf die ersehnte Hilfe - auf die Erfüllung der gegebenen göttlichen Zusagen durchmachen müssen. Gerade die lange Dauer der Warte- und Leidenszeit soll die Echtheit und Dauer unseres Glaubens erproben, bewähren. Gott läßt Sich Zeit, das Gold unseres Glaubens zu läutern und die Schlacken der natürlichen Ungeduld, des fleischlichen Wesens auszuscheiden! (Mal. 3,3.4; Ps. 66,10-20; Jer. 9,7-9.) - Gott zürnt auch Seinen Kindern und gerade diesen erst recht über Verkehrtheit, Eigenwillen, Mangel an Lauterkeit, irdische Gesinnung, Härte und Lieblosigkeit, Hochmut, Habsucht, fleischliche Sünden und vieles andere. O, daß wir uns fürchteten vor Seinem Zorn und willig uns strafen ließen für unsere Sünden - gerade wir Kinder Gottes! Es ist unseres Gottes heilige Liebe, die uns zerbrechen, reinigen und heiligen will! Viele „Gläubige“ haben nicht Glauben gehalten, haben sich nicht strafen und demütigen lassen, sondern sind eigenwillig oder wehleidig ihrem Gott aus der Schule gelaufen. Ach, wohin sind sie geraten - was ist aus ihnen geworden? - Halten wir doch unserem Gott stille - lassen wir uns Seine Zucht gefallen und dienen - werfen wir unsere Zuversicht nicht weg, sondern halten wir standhaft aus und ehren unseren Gott durch demütige Unterwerfung, dann erhört und erhöht Er uns auch zur rechten Zeit! - Dann kommt auch der Augenblick wunderbarer Befreiung und Tröstung! (Lies Jes. 40,1.2.)