Dienstag, den 21. Oktober 1919
Jona 4,2.3
Man kann schon manches in Gottes Erziehungsschule erlebt und erfahren haben und doch wieder in eine ganz ungute Verfassung geraten! Was ist dies doch für ein „Gebet“ des Propheten! Er sagt mit anderen Worten: „Siehst Du, Herr! ich habe also doch recht gehabt, als ich mich damals weigerte, Dir zu gehorchen und nach Ninive zu gehen! Ich dachte es mir ja damals gleich, daß Du die mir aufgetragene Gerichtsankündigung doch nicht in Erfüllung gehen ließest! Ich kannte ja schon Deine Milde, Geduld und Barmherzigkeit, die ich nie habe verstehen können und mit der ich niemals einverstanden war! Nun hast Du wirklich Ninive begnadigt und mir dies bereitet, daß ich dastehe als einer, dessen Worte sich nicht erfüllt haben! Das kann ich nicht ertragen! Also bitte, mache jetzt Schluß an meinem Leben! Lieber will ich sterben, als diese Schmach tragen!“ - Mit Schrecken wird man hier gewahr, wessen das menschliche Herz nach allen Erfahrungen der Güte und Geduld Gottes fähig ist! Ist ein eigensinniges, rechthaberisches Wesen Menschen gegenüber schon ein häßlich Ding, so wird dasselbe dem großen, heiligen Gott gegenüber geradezu zur Frechheit und Vermessenheit! Und doch, wie oft muß Er Sich das bieten lassen von Menschenkindern, die doch nur sind wie ein Stäublein vor Ihm und die Er mit einem Hauch hinwegblasen könnte in die ewige Verdammnis! Was erlauben sich häufig auch Kinder Gottes noch Ihm, ihrem heiligen Vater, gegenüber an Hochmut, Ungebrochenheit und Besser-wissen-wollen, statt daß wir, die wir Seine große Treue, Weisheit und Liebe schon so tausendfach erfahren haben, uns stille beugen, des Lichtes harren, bis es kommt und Ihm vertrauen und gehorchen,